ICM – Intentional Camera Movement
Wenn ihr meine Fotografie intensiver verfolgt, habt ihr sicherlich schon festgestellt, dass ich ein großer Fan von ICM-Fotografie bin. Vermutlich weiß nicht jeder von euch etwas mit diesem Begriff anzufangen, andere kennen zwar den Begriff, wissen aber vielleicht nicht so genau, wie es funktioniert. Deswegen möchte ich euch heute mitnehmen in die Welt von ICM, um euch meine Intention und die Technik dahinter vorzustellen.
Was ist ICM?
ICM steht für Intentional Camera Movement und bedeutet so viel wie absichtliches Bewegen der Kamera während des Auslösens. Dabei wird eine längere Verschlusszeit eingestellt. Bei mir sind das Werte zwischen 1/8 sek und 2 sek. ICMs funktionieren besonders gut in zwei bestimmten Situationen: Bei geraden Linien in der Natur (z.B. ein Horizont am Meer oder gerade gewachsene Bäume im Wald) und bei sich fortbewegenden Tieren (z.B. fliegende Vögel, laufende Rehe… „Mitzieher“).
Wie funktioniert ICM?
Bei den geraden Linien folgt man der vorgegebenen Linie. Das bedeutet, dass man am Meer die Kamera parallel zum Horizont bewegt, bei den gerade gewachsenen Bäumen im Wald vertikal. Bei Tieren folgt man der Lauf- bzw. Flugrichtung, sodass der Kopf möglichst noch scharf abgebildet wird. Soweit zur „klassischen“ ICM-Fotografie.
Natürlich muss man sich nicht immer daran halten, die Kamera parallel zu Linien und Laufrichtungen zu bewegen. Man kann einem Bild durch abweichende Bewegungen zusätzliche Strukturen verleihen. So kann man fliegenden Vögeln etwas „Schwung“ verleihen, indem die Kamera während des Mitziehens in Wellen bewegt wird. Im Wald kann man außerdem Bäume regelrecht tanzen lassen. Hierbei wird die Kamera in kreisenden Bewegungen auf oder ab bewegt. Es bedarf allerdings Einiges an Übung und bedeutet noch viel mehr Ausschuss als bei der „normalen“ ICM-Fotografie.
Wann setze ich ICM ein?
Nachdem ich am Anfang vor allem in den oben genannten Situationen ICM eingesetzt habe, nutze ich diese Technik mittlerweile überall. Es ist überraschend, welche Ergebnisse man hiermit in allen möglichen Situationen erhalten kann. Vor allem in chaotisch wirkenden Wäldern oder auf mager bewachsenen Blumenwiesen kann ich durch den Einsatz von ICM Bilder so gestalten, dass sie meiner Wahrnehmung des vor mir liegenden Ortes entsprechen.
Im Wald vor meiner Haustür zum Beispiel stehen drei Bäume schön parallel nebeneinander, gerade gewachsen. Im vergangenen Herbst leuchtete Das Laub des Unterholzes im schönsten Gelb und rahmte die Baumstämme ein. Doch für ein scharfes, dokumentarisches Bild war es viel zu chaotisch rund herum. Durch den Einsatz von ICM konnte ich das Chaos im leuchtenden Gelb verschwinden lassen, während die Bäume sich mehr als deutlich von ihm absetzen.
Auf so manch einer sommerlichen Blumenwiese war es genau anders herum: eigentlich blühte und grünte es so wunderbar, dass ich völlig fasziniert war. Doch auf meinen Fotos wirkte es eher karg und löchrig. Um die Wiese optisch aufzufüllen, nutzte ich ICM. Durch das Bewegen der Kamera zog ich bunte Linien durchs Bild, sodass die Wiese voller wirkte – so wie ich sie auch tatsächlich wahrgenommen hatte.
Ihr seht also, ICM ist eine Technik, die sich nahezu überall einsetzen lässt und immer wieder überraschende Ergebnisse bietet. Probiert es doch einfach mal aus und lasst mich an euren Erfahrungen teilhaben! Ihr habt Fragen oder Anregungen? Lasst es mich wissen!
Bis dahin,
Eure Christine
Tobi
23. September 2022at18:59Hallo Christine,
toller Beitrag! Sehr schön erklärt.
Darf ich fragen, welche Blende du wählst, wenn du z.B. Vögel im Flug fotografierst?
Grüße Tobi
Christine Averberg
24. September 2022at10:06Hey Tobi, danke für deine Rückmeldung! Es freut mich, dass dir der Artikel gefällt.
In der Regel fotografiere ich ICMs mit Blendenautomatik, ich stelle also nur die Zeit ein. Die Blendenwahl übernimmt dann die Kamera. Da du die Kamera gerade bei Vögeln im Flug viel in Bewegung hast, hast du auch ständig wechselnde Lichtverhältnisse, die je nach Bedingungen nicht über die ISO-Automatik ausgeglichen werden können. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Sonne bereits aufgegangen ist und du länger als 1/8 oder 1/10 sek belichten möchtest. Daher überlasse ich es der Kamera, wie weit sie die Blende schließt.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen!
Tobi
25. September 2022at8:24Danke für die Info.
Da muss ich glaub einfach ausprobieren 🙂
Christine Averberg
25. September 2022at14:12Auf jeden Fall, viel Erfolg dabei!
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