Fotografie und Emotion

Kennt ihr das auch? Man geht fotografieren und neutral betrachtet bringt man ganz passable Ergebnisse mit nach Hause. Nichts Herausragendes, aber doch das eine oder andere nette Bild. Und obwohl man eigentlich nichts an den Fotos auszusetzen hat, versauern sie auf der Festplatte. Sie werden nicht zu Ende bearbeitet und bei jedem neuen Betrachten klickt man sie einfach weg. Und wenn man mal genauer drüber nachdenkt, merkt man auch schnell, woran das liegt: Der Tag, an dem die Bilder entstanden sind, war einfach kein guter Tag.

Natur als Entspannungsort

Wenn ich fotografieren gehe, ist es in der Regel so, dass ich alles andere um mich herum vergesse. Den Stress der vergangenen Arbeitswoche, den vollen Kalender oder den Zahnarzttermin vom Vortag. Sobald ich mich vertieft habe, gibt es nur noch das Motiv und mich. Bis es soweit ist, kann es aber je nach Stimmung und Bedingungen etwas dauern. Vor allem wenn ich von vorn herein schlechte Laune habe, ist das etwas schwieriger. Denn es ist immer ein Zusammenspiel aus dem, was mich beschäftigt, und dem, was die Natur mir bereithält.

An manchen Tagen schafft die Natur es, meine Stimmung so sehr aufzuhellen, dass die Bilder später nicht behaftet sind. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn ich eine unerwartete Begegnung mit einem Wildtier habe, das mich vielleicht nicht bemerkt und lange in meiner Nähe bleibt. Jede Begegnung mit einem Wildtier ist wie Therapie für mich. Es kann aber auch ein starres Motiv sein, wie zum Beispiel ein Pilz, von dem mir trotz all der Gedanken in meinem Kopf ein richtig gutes Bild gelingt, mit dem ich schon auf dem Display zufrieden bin.

Schlechte Tage

An anderen Tagen sieht das aber anders aus. Es kommt kein Böckchen vorbei, kein Rotkehlchen singt in unmittelbarer Nähe zu mir und mir will einfach kein Bild gelingen, mit dem ich schon vor Ort richtig zufrieden bin. Zwar bin ich dann zumindest für einige Zeit abgelenkt. Statt mit meinen eigenen Gedanken beschäftige ich mich mehr und mehr mit der Motivsuche und dem, was ich finde. Doch die Fotos, die ich mache, können mich einfach nicht richtig überzeugen. Was fast immer bleibt an solchen Tagen, ist ein negatives Grundgefühl.

Dieses Gefühl überträgt sich dann leicht auf die Ergebnisse, die ich mit nach Hause bringe. Jedes Mal, wenn ich im Anschluss die Bilder betrachte, muss ich daran denken, wie ich mich an dem Tag gefühlt habe. Die Stimmung brennt sich förmlich in die Fotos ein. So kommt es, dass ich manche Bilder einfach nicht bearbeiten kann. Egal, wie ich die Regler schiebe, es gefällt mir nicht. Selbst wenn Daniel oder andere Fotografen mir versichern, dass das Foto wirklich gelungen ist: Es hilft nicht. Es bleibt ein Bild mit schlechter Grundstimmung.

Was kann man dagegen tun?

Das ist eigentlich ganz einfach. Man muss nur die Zeit für sich arbeiten lassen. Wenn ich nach einigen Tagen feststelle, dass die Bilder, die ich gemacht habe, mit schlechter Laune „verseucht“ sind, lasse ich sie einfach liegen. Ich pflege sie nur in meinen Katalog ein und dort dürfen sie dann erst einmal schlummern. Manchmal dauert es ein paar Wochen, manchmal ein paar Monate. In seltenen Fällen beschäftige ich mich mit den Bildern sogar erst nach ein oder zwei Jahren. Zwar weiß ich dann immer noch sehr genau, wie ich mich gefühlt habe, aber der Abstand ist groß genug, dass ich es schaffe, mich davon nicht mehr beeinflussen zu lassen.

Ich arbeite in meinem Lightroom-Katalog mit Farben, Sternen, Orten und Kategorien. Über diese vier Punkte kann ich im Null-Komma-Nichts unbearbeitete oder nicht fertig gestellte Bilder von bestimmten Orten oder Motiven herausfiltern und sie erneut betrachten. Wenn ich das mache, entdecke ich in der Regel immer ein kleines, bislang unentdecktes Schätzchen. Ein paar Regler verschoben und schon lässt sich abschätzen, was man aus dem Foto machen kann. Doch auch wenn ihr euren Katalog nicht so angelegt habt: Klickt euch einfach mal durchs Archiv und schaut mal nach, was da so schlummert. Ich bin sicher, es lohnt sich!

Übrigens: Die Bilder im heutigen Blog sind alles Bilder, mit denen ich länger nicht zufrieden war, weil der Tag, an dem sie entstanden sind, einfach kein guter war… ihr seht also: Geduld zahlt sich aus! 🙂

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht mit Fotografie und Emotionen? Wenn ihr Lust habt, erzählt doch mal von euren Erlebnissen und wie ihr damit umgeht.

Eure Christine

2 Comments
  • Karin Schilling

    27. November 2022at17:13 Antworten

    Hallo Christine, das hast du sehr gut beschrieben. Mir geht es manchmal so, dass ich einfach nicht das Bild finde, das ich mir gewünscht hatte, vor allem jetzt, Ende Herbst. Dann ist mein Blick von Enttäuschung gefärbt.
    Heute ist mir meine Grossnichte in den Sinn gekommen. Am Anfang ihres Wortschatzes gab es das Wort “suchen” für sie nicht. Sie wollte “finden”. Ich habe mir vorgenommen, im Moment nicht mit allzuviel “Suchfunktion” durch die Wälder zu laufen, sondern mich einfach zu freuen, wenn ich etwas finde – manchmal gelingts…
    Dein Blog ist toll und mir gefallen deine vielseitigen Bilder sehr gut!
    Wünsche dir viele Glücksmomente mit der Kamera, Karin

    • Christine Averberg

      27. November 2022at17:24 Antworten

      Hallo Karin, vielen Dank für den schönen Kommentar! Und ja: finden ist viel wertvoller als suchen, denn finden kann man so viel mehr als das, was man sucht. 😀

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